Unfall mit dem Auto: Und nun? Was tun!

Nicht zu helfen, ist die schlechteste Form der Hilfe.

Schon wer einen Verkehrsunfall beobachtet oder miterlebt, bekommt zunächst einen gehörigen Schreck. Danach aber ist entscheidend, dass das einsetzt, auf das Versicherer, Autoclubs, Hilfsdienste und auch die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) in solchen Situationen verweisen: Die Rettungskette.

Zuerst sich selbst absichern

Ganz wie in Flugzeug, wo erst die Erwachsenen die Sauerstoffmasken über Mund und Nase ziehen sollen, um dann erst Kindern und Älteren zu helfen, gilt auch nach einem Verkehrsunfall zunächst die Selbsthilfe. Wer als Ersthelfer an einem Unglücksort eintrifft, sollte zunächst sich und andere Verkehrsteilnehmer vor weiteren Schäden schützen – selbst wenn man als Ersthelfer automatisch unfallversichert ist.

Immer der Rettungskette entlang

Sind Autos in das Geschehen involviert, beginnt die Rettungskette damit, dass die Warnblinkanlagen eingeschaltet und von den Helfern Warnwesten übergezogen werden. Am besten gleich das Smartphone, Warndreiecke und Verbandskasten greifen. Parallel zum Versuch, sich einen Überblick über die Gefahrenlage zu verschaffen, muss die Unfallstelle abgesichert werden.

Die wichtigste Nummer ist die 112

Je früher ein Notruf abgesetzt wird, je besser – das kann Leben retten. Dazu wird die europaweite Notrufnummer 112 gewählt. Die wichtigsten Fragen und Hinweise, die es zu beachten gilt: Was ist passiert? Wo hat sich der Unfall ereignet? Wie viele Menschen sind verletzt? Ist die Art und Schwere der Verletzungen erkennbar? Möglichst Ruhe bewahren, und die Rückfragen der Rettungsstelle abwarten.

Keiner kann sich leisten, nicht zu helfen

Nach dem der Notruf abgesetzt und die Unfallstelle abgesichert ist, kann Personen aus dem Gefahrenbereich geholfen werden. Sind Verletzungen bei Unfallopfern erkennbar, müssen „Erste Hilfe“-Maßnahmen geleistet werden. Behandeln Sie Unfallopfer vorsichtig, nicht immer ist die Art oder Schwere der Verletzung gleich erkennbar. Als Ersthelfer ist man zur Hilfe verpflichtet, das Schlimmste wäre es, nichts zu tun. Wer bei Unglücksfällen nicht hilft, obwohl das zuzumuten gewesen wäre, kann wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und mit Geld- und Freiheitsstrafen belegt werden. Man muss sich dabei, beispielweise wenn Autos brennen, aber nicht selbst in Gefahr bringen.

Wissen Sie noch, wie Erste Hilfe geht?

Ein paar Basics zur Ersten Hilfe: Bewusstsein der Person prüfen! Reagiert das Opfer nicht auf das Ansprechen oder ein Rütteln an der Schulter – Atmung prüfen! Hebt und senkt sich der Brustkorb normal, obwohl die Person bewusstlos ist, muss sie in eine stabile Seitenlage gebracht werden. Lässt sich keine Atmung feststellen, beginnt die Wiederbelebung mit Herzmassagen. Das hat jeder, der einen Führerschein gemacht hat, im Erste-Hilfe-Kurs gelernt. Bei wem die Fahrschule schon etwas länger her ist, der sollte sein Wissen auffrischen – das kann lebensrettend sein.

Links, die Leben retten können

Das Deutsche Rote Kreuz hat zudem die wichtigsten Sofortmaßnahmen zur Rettung aus der Gefahrenzone übersichtlich hier aufgelistet: https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/verkehrsunfall/retten-aus-gefahrenzone-erste-hilfe/

Vom ADAC gibt es eine Liste mit den Grundbegriffen der Ersten Hilfe, so kann auch als PDF heruntergeladen werden:

https://www.adac.de/gesundheit/gesund-unterwegs/vorsorge/erste-hilfe-massnahmen/

Brennpunkt Bürgersteig

Über das Mit- und Gegeneinander im Verkehr

Die „Zeit“ ist eine Wochenzeitung, die viel Verständnis für ihre Leser und die Menschen überhaupt hat. Was Autos und Verkehr angeht, ist die Haltung eine eher kritische. So konnte die Überschrift „Ich konnte das Chaos kaum fassen“ kaum überraschen. Ein Angestellter der dänischen Botschaft berichtete über seinen Alltag als Fahrradfahrer in Deutschland. Fazit: „Würden wir in meiner Heimatstadt Kopenhagen so Radfahren wie in meiner Wahlheimat Berlin, wären wir schnell ein ganzes Stück ärmer.“ Unvorstellbar für unsere nördlichen Nachbarn, sich auf dem Gehweg nicht regelkonform zu verhalten, auch weil ein paar Meter Radeln dort gleich 100 Euro Strafe kosten.

Wo der Egoismus beginnt

Der Däne hat richtig erkannt, wo sich auf unseren Straßen ein neuer Brennpunkt fernab aller Stauprobleme entwickelt hat: auf und neben dem Bürgersteig. Vom Prinzip her eine geschützte Zone. Wenn dort nicht Menschen ihrer Gedankenlosigkeit anderen Menschen das Leben schwer machen würden: Der parkende Autofahrer, der Rad- und Gehweg für seine schnelle Besorgung blockiert. Rücksichtslose E-Scooter-Fahrer, die ihre Gefährte einfach fallen lassen, gern auch quer. Rücksichtslose Lastrad-Piloten, die sich noch schnell an gemächlich laufenden Mitbürgern vorbeidrängen – weil es ihnen auf der Straße zu gefährlich ist. Wer in einer x-beliebigen Stadt ein Viertelstündchen das egoistische Geschehen beobachtet, kommt zu einem ähnlichen Schluss wie der „Zeit“-Autor: Wir stehen uns gegenseitig im Weg, und das im Wortsinn.

Fußgänger werden zu Opfern

Wer auf zwei Beinen unterwegs ist, der bewegt sich an einem gefährlichen Ort, wie die Statistiken zeigen. Von Januar bis November 2023 sind gegenüber dem Vorjahreszeitraum 12,3 Prozent mehr zu Fuß gehende ums Leben gekommen – das sind 40 Menschenleben mehr. Natürlich ist es oft zu eng in den Städten, häufig kollidiert die aus dem letzten Jahrtausend stammende Verkehrsplanung mit den heutigen Interessen. Das gilt gleichermaßen für Straße, Radweg und Bürgersteig. Allerdings liegt es häufig auch am eigenen Verhalten im Verkehr. Das kann nur einer steuern – jeder selbst. Denn Regeln für den Verkehr sind keine Schikanen, sondern sorgen für Sicherheit und verhindern das Chaos. Eine Straße ist ja kein Schwimmbad, wo sich (fast) alles in Bahnen lenken lässt.

Vernunft ist eine Frage der Perspektive

Kann der Straßenverkehr besser sein als die Gesellschaft? Vermutlich nicht. Das auch in anderen Bereichen fehlende Miteinander im Umgang hat auf und neben der Straße direkte und manchmal größere Konsequenzen. Leuchtet auch den meisten ein. Nur ist es mit der Vernunft und der gegenseitigen Rücksichtnahme in der Realität aber so eine Sache. Manchmal ist die Perspektive entscheidend: Wer im Bus sitzt, verlangt vehement Vorrang für die Öffentlichen im Stadtverkehr. Wer im Auto hinter dem Bus fährt, der neidet den anderen die Busspur, weil sich der Individualverkehr staut. Mit Pedelec-Fahrern verhält es sich kaum anders: wer auf Lieferdienste schwört, will sein Essen vom elektrisierten Boten möglichst schnell und warm bekommen. Wer am Zebrastreifen wartend von den E-Bike-Kurieren fast umgefahren wird, würde motorisierte Fahrräder am liebsten aus der City verbannen. Wie können wir es nur schaffen, uns miteinander fortzubewegen?

Sind es immer nur die Anderen?

Sich im ohnehin hektischen Straßenverkehr mit all seinen Einflüssen und Gefahrquellen immer auf die reine Vernunft zu besinnen, dazu braucht es vermutlich jahrzehntelange Meditationserfahrung. Aber wer gerade diese Kolumne liest und noch ein paar Minuten Zeit hat, um zu reflektieren, für den ist die Übung einfacher: ruhig mal in den anderen reinversetzen, ehrlich zu sich selbst sein, und gern noch einmal im GTÜ-Blog den Beitrag von Peter Thomas „Probier’s mal mit Gelassenheit lesen. Der gilt nicht nur für vier, sondern auch für zwei Räder – und genauso für Zweibeiner.

Infobox

Die jüngsten Vergleichszahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis): Die Zahl der verunglückten Kinder im Straßenverkehr stieg von 26.080 im Jahr 2019 auf 26.958 im Jahr 2023 an. Die Zahl der Verletzten und Getöteten Menschen ab 65 Jahre wuchs von 22.428 im Jahr 2019 auf 24.619 vier Jahre später.  Hauptverursacher von Unfällen mit Fußgängern von 2013 bis 2022: Zu 75 Prozent Autofahrer, bei Unfällen mit Radfahrern waren es zu 74 Prozent Autofahrer.

Die traurige Bilanz des dichten Verkehrs

Wer E-Bike fährt, ist stärker gefährdet

Deutschland hat ein neues Straßenverkehrsgesetz bekommen, aber die neuen Regelungen, die im Detail noch festgezurrt werden müssen, werden an einem kaum etwas ändern: Das Auto bleibt laut einer Mobilitätsstudie der HUK-Versicherung für 70 Prozent der Menschen das ideale Verkehrsmittel der Zukunft. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass die Straßen leerer werden. Was nicht nur hierzulande gilt, sondern überall auf der Welt. Die „New York Times“ berichtet deshalb wöchentlich in einer großen Serie über „die Schlacht auf den Straßen unserer Stadt.“

Unfallzahlen steigen wieder

Es muss ja nicht immer gleich so martialisch zugehen, aber die jüngsten Statistiken für Deutschland zeigen, wie viel passieren kann, wenn sich Autofahrer, Zweiradfahrer und Fußgänger in die Quere kommen. Die Unfallbilanz des Statistischen Bundesamtes für 2023 unterstreicht das drastisch. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 2.830 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das waren 1,5 Prozent oder 42 Todesopfer mehr als im Jahr 2022, allerdings noch 7,1 Prozent weniger als 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie. Auch die Zahl der Verletzten ist 2023 gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen, um 1,0 Prozent auf gut 364.900 Personen. Insgesamt registrierte die Polizei gut 2,5 Millionen Unfälle und damit 4,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Es bleibt gefährlich

Der Trend könnte sich 2024 fortsetzen, denn in den ersten vier Monaten des Jahres erfasste die Polizei insgesamt bereits rund 789.000 Straßenverkehrsunfälle, bei etwa zehn Prozent davon wurden Menschen verletzt oder getötet. Das war eine Zunahme um 2.600 Unfälle gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2023. Von Januar bis April 2024 wurden 752 Menschen im Straßenverkehr getötet und 98.500 verletzt, ein Anstieg von drei Prozent. Es bleibt also weiter gefährlich auf unseren Straßen.

Verkehrswacht beugt vor

Für Professor Kurt Bodewig von der Deutschen Verkehrswacht ist der missliche Trend leider keine Überraschung: „Wir wussten, dass die Unfallzahlen nach Corona ansteigen werden. Den Tod so vieler Menschen, die vor allem auf dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs waren, können wir aber auf keinen Fall akzeptieren. Es bleibt weiterhin viel zu tun. Die Verkehrssicherheitsarbeit muss deshalb insgesamt wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen.“ Die Verkehrswacht verstärkt daher die Prävention für Radfahrende von der Kita über die Grundschulen bis zur Sicherheit älterer Menschen auf dem Pedelec. Auch den massiven Lastenrädern gilt das Augenmerk, zumal damit häufig Kinder transportiert werden. E-Bikes bergen durch eine höhere Geschwindigkeit und Beschleunigung grundsätzlich größere Risiken, auch schwerere Unfälle werden wahrscheinlicher. Abhilfe kann neben Verkehrsschulen, Antiblockiersystemen, Kinder- und Seniorengerechten Modellen vor allem eine größere Aufmerksamkeit und gegenseitige Rücksichtnahme im geballten Verkehrsgeschehen schaffen.

Hier passend dazu eine Aktion von unserem Partner: „Verkehrssicherheit für die Kleinsten: Toter Winkel bei Nutzfahrzeugen. Große Fahrzeuge sehen wenig.“ Diesem Thema widmeten sich Steffen Drude vom Ingenieurbüro Dittmann Scheuren & Lehr GmbH & Co. KG und Marc Zentgraf, Fachgruppenleiter und Referent der GTÜ Akademie, im Rahmen der Verkehrserziehung an Schulen.

Das Risiko auf dem Pedelec

Gerade 18- bis 34-Jährige Pedelec-Fahrer haben ein deutlich höheres Risiko an einem Unfall beteiligt zu werden als Gleichaltrige auf klassischen Rädern. Weit mehr als die Hälfte aller E-Bike-Unfallopfer sind unter 45 Jahre alt. Mangelnde Erfahrung und Selbstüberschätzung könnten zu einem weiteren Anstieg beitragen, befürchten Unfallforscher. Wie gefährlich es sich elektrisch fährt, zeigt ein Vergleich der tödlichen Unfälle durch den Automobilclub KS: Währen 2014 nur 29 Menschen auf motorisierten Fahrrädern ums Leben kamen, waren es 2023 bereits 133 Menschen. Viele Hinweise aus dem lesenswerten GTÜ-Blog-Beitrag „Probier’s mal mit Gelassenheit“ über entspanntes Autofahren besitzen auch auf zwei Rädern ihre Gültigkeit.

Infobox

Die jüngsten Vergleichszahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis): Getötete Radfahrer im Straßenverkehr: 354 im Jahr 2013, 444 im Jahr 2023. Die Zahl der getöteten Fußgänger: 557 im Jahr 2013, 432 im vergangenen Jahr. Verunglückte Kinder im Straßenverkehr: Im Jahr 2019 waren es 26.080, 2023 bereits 26.958.