Die traurige Bilanz des dichten Verkehrs

Wer E-Bike fährt, ist stärker gefährdet

Deutschland hat ein neues Straßenverkehrsgesetz bekommen, aber die neuen Regelungen, die im Detail noch festgezurrt werden müssen, werden an einem kaum etwas ändern: Das Auto bleibt laut einer Mobilitätsstudie der HUK-Versicherung für 70 Prozent der Menschen das ideale Verkehrsmittel der Zukunft. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass die Straßen leerer werden. Was nicht nur hierzulande gilt, sondern überall auf der Welt. Die „New York Times“ berichtet deshalb wöchentlich in einer großen Serie über „die Schlacht auf den Straßen unserer Stadt.“

Unfallzahlen steigen wieder

Es muss ja nicht immer gleich so martialisch zugehen, aber die jüngsten Statistiken für Deutschland zeigen, wie viel passieren kann, wenn sich Autofahrer, Zweiradfahrer und Fußgänger in die Quere kommen. Die Unfallbilanz des Statistischen Bundesamtes für 2023 unterstreicht das drastisch. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 2.830 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Das waren 1,5 Prozent oder 42 Todesopfer mehr als im Jahr 2022, allerdings noch 7,1 Prozent weniger als 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie. Auch die Zahl der Verletzten ist 2023 gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen, um 1,0 Prozent auf gut 364.900 Personen. Insgesamt registrierte die Polizei gut 2,5 Millionen Unfälle und damit 4,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Es bleibt gefährlich

Der Trend könnte sich 2024 fortsetzen, denn in den ersten vier Monaten des Jahres erfasste die Polizei insgesamt bereits rund 789.000 Straßenverkehrsunfälle, bei etwa zehn Prozent davon wurden Menschen verletzt oder getötet. Das war eine Zunahme um 2.600 Unfälle gegenüber dem gleichen Zeitraum des Jahres 2023. Von Januar bis April 2024 wurden 752 Menschen im Straßenverkehr getötet und 98.500 verletzt, ein Anstieg von drei Prozent. Es bleibt also weiter gefährlich auf unseren Straßen.

Verkehrswacht beugt vor

Für Professor Kurt Bodewig von der Deutschen Verkehrswacht ist der missliche Trend leider keine Überraschung: „Wir wussten, dass die Unfallzahlen nach Corona ansteigen werden. Den Tod so vieler Menschen, die vor allem auf dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs waren, können wir aber auf keinen Fall akzeptieren. Es bleibt weiterhin viel zu tun. Die Verkehrssicherheitsarbeit muss deshalb insgesamt wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen.“ Die Verkehrswacht verstärkt daher die Prävention für Radfahrende von der Kita über die Grundschulen bis zur Sicherheit älterer Menschen auf dem Pedelec. Auch den massiven Lastenrädern gilt das Augenmerk, zumal damit häufig Kinder transportiert werden. E-Bikes bergen durch eine höhere Geschwindigkeit und Beschleunigung grundsätzlich größere Risiken, auch schwerere Unfälle werden wahrscheinlicher. Abhilfe kann neben Verkehrsschulen, Antiblockiersystemen, Kinder- und Seniorengerechten Modellen vor allem eine größere Aufmerksamkeit und gegenseitige Rücksichtnahme im geballten Verkehrsgeschehen schaffen.

Hier passend dazu eine Aktion von unserem Partner: „Verkehrssicherheit für die Kleinsten: Toter Winkel bei Nutzfahrzeugen. Große Fahrzeuge sehen wenig.“ Diesem Thema widmeten sich Steffen Drude vom Ingenieurbüro Dittmann Scheuren & Lehr GmbH & Co. KG und Marc Zentgraf, Fachgruppenleiter und Referent der GTÜ Akademie, im Rahmen der Verkehrserziehung an Schulen.

Das Risiko auf dem Pedelec

Gerade 18- bis 34-Jährige Pedelec-Fahrer haben ein deutlich höheres Risiko an einem Unfall beteiligt zu werden als Gleichaltrige auf klassischen Rädern. Weit mehr als die Hälfte aller E-Bike-Unfallopfer sind unter 45 Jahre alt. Mangelnde Erfahrung und Selbstüberschätzung könnten zu einem weiteren Anstieg beitragen, befürchten Unfallforscher. Wie gefährlich es sich elektrisch fährt, zeigt ein Vergleich der tödlichen Unfälle durch den Automobilclub KS: Währen 2014 nur 29 Menschen auf motorisierten Fahrrädern ums Leben kamen, waren es 2023 bereits 133 Menschen. Viele Hinweise aus dem lesenswerten GTÜ-Blog-Beitrag „Probier’s mal mit Gelassenheit“ über entspanntes Autofahren besitzen auch auf zwei Rädern ihre Gültigkeit.

Infobox

Die jüngsten Vergleichszahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis): Getötete Radfahrer im Straßenverkehr: 354 im Jahr 2013, 444 im Jahr 2023. Die Zahl der getöteten Fußgänger: 557 im Jahr 2013, 432 im vergangenen Jahr. Verunglückte Kinder im Straßenverkehr: Im Jahr 2019 waren es 26.080, 2023 bereits 26.958.