Alarm bei Eis und Schnee: Winterdienst in Wiesbaden

Vom Rheinufer bis hinauf in den Taunus, von der Citylage bis zu ländlichen Stadtteilen: Die hessische Landeshauptstadt hat eine sehr vielfältige Topografie. Ein Blick auf dieses Beispiel für anspruchsvollen Winterdienst bei Glätte und Schnee.

Mitten in der Nacht, das Thermometer zeigt drei Striche unter dem Gefrierpunkt. Bleischwer liegt die Dunkelheit über dem Land, durchtanzt von den ersten Schneeflocken des Jahres. Keine schöne Zeit, um auf der Straße unterwegs zu sein. Doch auf dem Betriebshof der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden – kurz ELW – herrscht Hochbetrieb. Die Organisation ist für den Winterdienst in der Großstadt an Rhein und Main zuständig. Tagsüber haben die schweren, orangefarbenen Lastwagen noch wie schlafende Riesen in der großen Fahrzeughalle geparkt. Jetzt rücken sie aus im zuckenden Gelb ihrer Rundumkennleuchten und gehen auf präzise festgelegte Touren. Die Mission: Gefährliche Glätte reduzieren, wenn Feuchtigkeit und Minustemperaturen zusammentreffen.

Knapp 300.000 Einwohner, gut 20.350 Hektar Stadtgebiet und 467 Kilometer Hauptverkehrswege: Das umreißt bereits die Herausforderung für den Winterdienst. Hinzu kommt die Topografie. Denn neben der Innenstadt und den dicht bebauten Vierteln auf Höhe des Rheins gibt es auch die ländlichen Stadtteile am Taunushang.

„Geräumt wird, bis der letzte Linienbus gefahren ist“

Die wichtigen Straßen sollen zwischen 7 und 22 Uhr so gut wie möglich gestreut und geräumt sein. In der Praxis gilt jedoch die Maxime: „Vor dem Berufsverkehr sollen die Straßen befahrbar sein. Und geräumt wird, bis der letzte Linienbus gefahren ist.“ Heißt für die Einsatzkräfte der ELW: Ihr Alarm wird schon in der Nacht ausgelöst, und die zweite Schicht fährt bis spät in den Abend hinein. Wobei es zum Glück selten ein echter Alarm ist, wenn Eis und Schnee den Straßenverkehr beeinträchtigen. Denn dank verlässlicher Wetterprognosen lassen sich viele Einsätze und damit die Dienstpläne bereits vorausplanen. Elf schwere Streufahrzeuge und neun kleinere rücken in Wiesbaden als erstes aus und kümmern sich zunächst um die wichtigsten Hauptstraßen. Danach sind wegen der beschriebenen Lage zwischen Fluss und Mittelgebirge 18 sogenannte Steilstrecken an der Reihe. Aber auch Fußgängerzonen, zentrale Bushaltestellen und ein Teil des Radwegenetzes werden geräumt – ebenso wie außerhalb liegender Vororte.

Knapp 170 der rund 900 ELW-Mitarbeiter sind im Winterdienst eingebunden. Auf meteorologische Vorhersagen und auf Messergebnisse fest installierter Sensorik verlassen sich auch die Winterdienste der übergeordneten Infrastrukturen, bis hin zum mehr als 13.000 Kilometer langen Netz der deutschen Bundesautobahnen.

Mit Mechanik und Salz gegen Schnee und Eis

Bei Schneefall kommen die schweren Schilde und die Rotationsbürsten an der Front zum Einsatz – für das mechanische Räumen. Gegen Glätte durch gefrierende Nässe hingegen hilft Salz. Das chemische Auftaumittel wird grundsätzlich gestreut – auch nach einem Räumeinsatz. Die entsprechende Technik wurde vor rund 90 Jahren erfunden und seither immer wieder verbessert. Heute passen die Streuteller ihren Auswurf der Fahrgeschwindigkeit, der Straßenbreite und dem Fahrbahnzustand an. Außerdem wird kein reines Salzgranulat mehr ausgebracht, sondern fast ausschließlich Feuchtsalz – eine Mischung als Salz und Sole.

Salzvorräte für Extremwinter

Für den Winterdienst wird in Deutschland vor allem Natriumchlorid verwendet – das auch im Haushalt übliche Kochsalz. Dazu kommen Calcium-, Magnesium- und Kaliumchlorid. Auf diese Mittel greift man auch in Wiesbaden zurück: Sole mischt die ELW aus Magnesiumchlorid, die fertige Flüssigkeit wird in großen Tanks vorgehalten. Als Granulat kommt Natriumchlorid zum Einsatz. Es lagert als Halde in einem hölzernen Vorratsgebäude, Radlader füllen es in die Lastwagen. Am reichlichen Vorrat soll der Winterdienst nicht scheitern: Rund 4.500 Tonnen Salz hat Wiesbaden bis Saisonbeginn Anfang November gebunkert. Nach langjähriger Erfahrung werden nur durchschnittlich 500 bis 2.500 Tonnen pro Winter benötigt.

Alle Salze bilden eine Lösung mit dem Eis oder Wasser auf der Straße und reduzieren dessen Gefrierpunkt. Das kann die gefährliche Glätte verringern oder ihr vorbeugen. Diese präventive Behandlung von Straßen ist besonders effizient – auch was den Salzverbrauch angeht. Denn im besten Fall kommt man hier mit fünf Gramm Salz auf einen Quadratmeter aus, das entspricht in etwa der Menge von Haushaltssalz, die in einen Teelöffel passt.

So kann jeder zur Verkehrssicherheit im Winter beitragen

Was Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer dazu beitragen können, dass der Winterdienst erfolgreich läuft? Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH mahnt insbesondere zu besonders vorausschauendem Fahren bei winterlichen Straßenverhältnissen. Denn Bremswege sind deutlich länger, und es besteht Schleudergefahr. Unbedingt soll außerdem die Winterreifenpflicht eingehalten werden. Schließlich gilt: Rücksicht nehmen auf Streu- und Räumfahrzeuge, den Experten gegen Glätte Vorfahrt gewähren und Abstand halten. Denn wer den Straßendiensten die Arbeit erleichtert, der trägt für alle zu Verkehrssicherheit im Winter bei.

Feuchtsalz und Sole

Unter den Begriff Feuchtsalz fallen verschiedene Streumittel. Das Kürzel FS 30 beispielsweise bezeichnet eine Mischung aus 70 Prozent Salzgranulat und 30 Prozent Sole. Beide Bestandteile werden auf dem Fahrzeug in getrennten Tanks mitgeführt und erst kurz vor dem Ausbringen gemischt. Als Goldstandard zur Glätteprävention gilt in Deutschland das Ausbringen von FS 100. Damit wird reine Sole bezeichnet. Sie haftet besonders gut auf der Straße und wird durch Luftbewegungen kaum verweht. Für Autobahnen sind innovative Winterdienstfahrzeuge in Erprobung, die ausschließlich Sole sprühen. Ein Prototyp besteht aus einer batterieelektrischen Sattelzugmaschine mit Tankauflieger samt Sprühanlage.

Hauptuntersuchung für Feuerwehr und Co.

Sonderfahrzeuge von Helfern und Rettern sorgen für Sicherheit. Damit sie selbst auch verkehrssicher im Einsatz sind, erhalten sie regelmäßig eine Hauptuntersuchung.

Fährt die Feuerwehr aufs Gelände einer GTÜ-Prüfstelle, ist das normalerweise kein Einsatz für die Brandschützer. Vielmehr müssen Löschfahrzeuge regelmäßig zur Hauptuntersuchung, so wie andere Sonderfahrzeuge auch. Von Feuerwehrauto über Müllsammelwagen bis zum Mobilkran: Viele Sonderfahrzeuge beeindrucken durch ihre Funktionalität und Größe. Doch nicht diese aufwendigen Anlagen werden bei der Hauptuntersuchung (HU) von den Prüfingenieuren kontrolliert, sondern die Verkehrssicherheit. „Geprüft werden Sonderfahrzeuge nach den gängigen Vorgaben für die Hauptuntersuchung“, erklärt Marc Zentgraf, Referent der GTÜ-Akademie und seit einem Jahr Leiter der Fachgruppe Nutzfahrzeuge.

Faszinierende Vielfalt Sonderfahrzeuge

Was genau sind eigentlich Sonderfahrzeuge? Die Bandbreite dieser Nutzfahrzeuge mit Spezialaufbau ist groß. Das Statistische Amt der Europäischen Union nennt als Beispiele Großfahrzeuge von Feuerwehr und Katastrophenschutz, Mobilkrane, selbstfahrende Straßenwalzen und Baumaschinen sowie Abschleppwagen. Aber auch fahrende Büchereien und Übertragungswagen für Radio und Fernsehen gehören dazu. „Die Hauptuntersuchung trägt maßgeblich dazu bei, dass die Fahrzeuge im Verkehr sicher sind“, sagt Prüfingenieur Achim Jennen, seit 2000 hauptberuflicher Referent der GTÜ-Akademie. Für die Arbeitssicherheit der Spezialtechnik hingegen gibt es andere Prüfungen, zum Beispiel nach Unfallverhütungsvorschrift.

Bremsen, Lenkung und mehr

Und so läuft die HU bei Sonderfahrzeugen ab: Die Prüfingenieure kontrollieren die sicherheitsrelevanten Anlagen und Komponenten. Dazu gehören beispielsweise Bremsen, Lenkung, Fahrwerk und Beleuchtung, Elektrik und Assistenzsysteme für die Sicherheit. Von den Spezialkomponenten fallen einige Bestandteile ebenfalls unter die HU, ein Beispiel dafür sind die gelben oder blauen Rundumkennleuchten. Eine besondere Herausforderung sind sehr große Sonderfahrzeuge, etwa mehrachsige Mobilkrane. Denn ihre Bremsen können nicht auf herkömmlichen Rollenbremsprüfständen kontrolliert werden. Stattdessen wird das Fahrzeug an den HU-Adapter angeschlossen und eine echte Prüfbremsung aus flotter Fahrt ausgeführt.

Besondere Fristen für die Feuerwehr

Die HU-Fristen für Sonderfahrzeugen folgen den allgemeinen Vorgaben. Fahrzeuge über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht müssen alle 24 Monate zur ersten HU, ab dem sechsten Jahr dann jährlich. Fahrzeuge über 7,5 Tonnen müssen ab der Zulassung jährlich zur HU. Dazu kommen die Sicherheitsprüfungen (SP). Sie sind bei über 3,5 Tonnen ab 42 Monate nach der Erstzulassung und bei über 12 Tonnen ab 30 Monate nach der Erstzulassung vorgeschrieben. Wiederholt werden sie im Abstand von sechs Monaten. Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regelung. So haben die meisten deutschen Bundeslänger abweichende Vorschriften für Feuerwehrfahrzeuge erlassen. Grund dafür sind die üblicherweise geringen Laufleistungen der Spezialfahrzeuge. In Hessen etwa kommt die Feuerwehr im jährlichen Wechsel zu HU und SP.

Darum ist Sichtbarkeit im Straßenverkehr am Tag
so wichtig

Vor allem im Spätherbst und Winter trägt gute Sichtbarkeit auch am Tag entscheidend zur Sicherheit im Straßenverkehr bei. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH erklärt die Details.

Gute Sichtbarkeit im Straßenverkehr als Beitrag der Sicherheit? Da denken die meisten Verkehrsteilnehmer erst einmal ans Unterwegssein in der Dunkelheit. Aber am Tag ist es ebenso wichtig, gut von anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen zu werden. Das gilt insbesondere im Spätherbst und Winter. Dann verschlechtern nämlich Dämmerung, Regen und Nebel die Sichtbedingungen besonders häufig. Betroffen davon sind nicht nur Autofahrer, sondern auch Radfahrer und Fußgänger.

Reflektoren für mehr Sicherheit

Vor allem für Fußgänger gilt: Helle Kleidung und insbesondere reflektierende Flächen sind wichtige Hilfsmittel, um im Straßenverkehr besser gesehen zu werden. Solche Reflektoren sind oft in Jacken, Mützen, Taschen oder Ranzen integriert. Auch Warnwesten oder Leuchtkragen gibt es. Solche Lösungen sind vor allem ein Muss für Kinder, die in der Dämmerung zu Fuß zur Schule gehen. Unter anderem werden sie wegen ihrer geringeren Körpergröße im Verkehr leichter übersehen als Erwachsene.

Lichtanlagen und reflektierende Elemente

Beim Fahrradfahren wird es schon etwas technischer. Auch hier ist kontrastreiche und reflektierende Kleidung wichtig für die Sichtbarkeit. Insbesondere kommt es aber auf die gut funktionierende Lichtanlage an. Ein verkehrssicheres Fahrrad verfügt über Scheinwerfer, Rücklicht, Reflektoren an Vorder- und Rückseite sowie an den Speichen und Pedalen. Diese Ausstattung ist nach der StVZO Pflicht und sorgt dafür, dass Radfahrer bei schlechter Sicht wahrgenommen werden. Zu empfehlen sind moderne LED-Systeme mit Stand- und Tagfahrlicht, die für zusätzliche Sicherheit sorgen.

Tagfahrlicht im Auto

In Deutschland besteht zwar keine Lichtpflicht am Tag. Dennoch ist es empfohlen und sehr ratsam, auch tagsüber mit eingeschaltetem Licht zu fahren. Das geht bei Autos jüngerer Baujahre sehr komfortabel: Seit 2011 sind alle Neuwagen mit energiesparendem Tagfahrlicht ausgestattet. Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen hat schon 2005 belegt, dass durch seine Nutzung Unfälle reduziert werden können. Der zusätzliche Energieverbrauch ist dank moderner Technik minimal.

Rechtzeitig informieren über die Lichtpflicht im Ausland!

Wer mit dem Auto ins Ausland reist, sollte die dortigen Vorschriften zur Lichtpflicht kennen. Denn in vielen europäischen Ländern muss das Licht auch tagsüber eingeschaltet sein – bei Verstößen drohen Bußgelder. Daher ist es sinnvoll, sich vor einer Auslandsreise mit dem Auto über die aktuell geltenden Regeln im Zielland zu informieren. So lassen sich im Herbst- und Winterurlaub unangenehme Überraschungen vermeiden.