- 07. August 2025
- Sicherheit & Praxis
- Michael Petersen
eCall: Das automatische Notrufsystem rettet Leben
Schnelle Hilfe im Ernstfall – dank moderner Technik und europaweitem Standard

Bei schweren Verkehrsunfällen zählt jede Sekunde. Genau hier setzt das automatische Notrufsystem eCall an: Es wählt im Notfall selbstständig die europäische Notrufnummer 112 und übermittelt alle relevanten Informationen direkt an die Rettungsleitstelle. Seit dem 1. April 2018 ist eCall für alle neu typgenehmigten Pkw und leichten Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen verpflichtend. Das hochwirksame System rettet nachweislich Leben – Studien belegen, dass Einsatzkräfte durch eCall im Durchschnitt 40 bis 50 Prozent schneller am Unfallort eintreffen. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH sieht eCall als wichtigen Meilenstein der Verkehrssicherheit. Das Unternehmen fördert die Verbreitung über ihr Tochterunternehmen ATEEL S.à.r.l., das Typprüfungen für Kraftfahrzeuge vornimmt.
Wie eCall funktioniert
Wird ein schwerer Unfall durch das Auslösen der Airbags erkannt, geht der automatische Notruf an die nächstgelegene Rettungsleitstelle. Zugleich übermittelt das System den Zeitpunkt und Standort des Unfalls, die Fahrtrichtung, den Fahrzeugtyp sowie die Fahrzeugidentifizierungsnummer und die Kraftstoffart. Wenn die Sicherheitsgurte geschlossen sind, erfährt die Leitstelle auch, wie viele Personen im Fahrzeug sitzen. Ist eine Sprachverbindung möglich, können die Retter sogleich gezielte Fragen an die Unfallbeteiligten stellen, etwa zum Verletzungsgrad.
Bei medizinischen Notfällen ohne Unfall lässt sich eCall manuell über eine SOS-Taste aktivieren. Nach Bagatellschäden oder einer Panne hingegen bleibt das System inaktiv.
Verlässliche Technik
Das System besteht aus mehreren Komponenten. Ein Satellitenempfänger ermittelt die exakte Position, ein Steuergerät mit integrierter Mobilfunkkarte stellt die Verbindung zur nächsten Notrufzentrale her. Die auslösenden Crash-Daten stammen von Fahrzeugsensoren und der Airbag-Schnittstelle. Eine Freisprecheinrichtung ermöglicht die Kommunikation zwischen Insassen und Leitstelle, selbst wenn diese nicht mehr selbstständig telefonieren können. Eine unabhängige Stromversorgung sorgt dafür, dass eCall auch bei Ausfall der Fahrzeugbatterie funktioniert. Manche Systeme bieten zusätzliche Funktionen wie etwa einen Pannenruf oder Diebstahltracking. Im Rahmen der Hauptuntersuchung, wie sie die GTÜ bundesweit durchführt, wird eCall jedoch nicht geprüft – das System ist gesetzlich als dauerhaft aktiv ausgelegt.
eCall im Motorrad
Obwohl Motorräder derzeit nicht gesetzlich mit eCall ausgestattet sein müssen, gehen einige Unternehmen mit gutem Beispiel voran. BMW war 2017 der erste Hersteller, der bei ausgewählten Modellen einen intelligenten Notruf einführte. Inzwischen gehört das System bei vielen Motorrädern der Marke zur Serienausstattung oder kann als Sonderausstattung bestellt werden. Nach einem schweren Sturz oder Aufprall wird automatisch Kontakt mit einem Callcenter aufgenommen, das die Notfallrettung einleitet. Bei leichten Stürzen mit geringer Geschwindigkeit reagiert das System verzögert, sodass ein Fehlalarm verhindert werden kann. Auch andere Hersteller und der Zubehörmarkt bieten mittlerweile Lösungen an – entweder mit eigener SIM-Karte oder in Verbindung mit dem Smartphone des Fahrers.
Notruffunktion per Smartphone
Moderne Smartphones bieten heute ähnliche Funktionen. Mit Hilfe integrierter Sensoren erkennen sie starke Erschütterungen und lösen eigenständig einen Notruf aus. Gleichzeitig werden Standortdaten übermittelt und eine Sprachverbindung mit der Rettungsleitstelle hergestellt. Damit ist die wichtige Funktionalität auch für Fahrzeuge ohne fest eingebautes System zugänglich – etwa für Oldtimer.
Datenschutz ist gewährleistet
Ein häufig diskutierter Punkt ist der Datenschutz. Hier gibt es klare gesetzliche Regelungen: Das System wird ausschließlich bei einem Unfall aktiviert. Erst dann verbindet es sich über eine geschützte Verbindung mit dem Mobilfunknetz. Fahrdaten oder Informationen zum Fahrzeughalter werden nicht dauerhaft gespeichert oder weitergegeben.
Bereit für die Zukunft
Mit dem „Next Generation eCall“ steht bereits die nächste Ausbaustufe der Technik in den Startlöchern. Künftig wird das System nicht mehr über das 2G-Netz, sondern über die leistungsstärkeren 4G- und 5G-Netze kommunizieren. Das bringt nicht schnellere und stabilere Verbindungen sowie neue Funktionen. So könnten künftig auch Videoübertragungen direkt aus dem Fahrzeuginneren möglich werden. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge nur noch typgenehmigt werden, wenn sie mit dieser neuen eCall-Generation ausgestattet sind. Ab 2027 wird sie für alle Neuwagen zur Pflicht. Auch für Motorräder sind weiterentwickelte Lösungen geplant.