Die Welt hat es geschnallt

Der Sicherheitsgurt feiert Jubiläum

Es ist eine Handbewegung, die einem längst in Fleisch und Blut übergegangen ist, wie das Zähneputzen oder das Entsperren des Mobiltelefons: Einsteigen ins Auto, hinter sich greifen, Gurt anlegen. Die Hinweisschilder „Erst gurten, dann starten“ braucht es heute kaum noch, die Anschnallquote liegt bei 98 Prozent. Trotzdem sind unter den Verkehrstoten immer noch gut zehn Prozent dabei, die eben nicht angeschnallt waren. Aber heute gilt es, den Jubilar unter den Lebensrettern zu feiern: 1974 wurde erst der Einbau von Sicherheitsgurten in Deutschland vorgeschrieben, die allgemeine Anschnallpflicht folgte zwei Jahre später. Ein Produkt, wie gemacht für den aktuellen Slogan der GTÜ: Technik braucht Sicherheit.

Im Auto gefesselt

Was heute Selbstverständlichkeit ist, war vor 50 Jahren jedoch nicht unumstritten. Selbst prominente Juristen und bekannte Chefredakteure weigerten sich, den Gurt anzulegen, „oben ohne“ galt als cool, falls es das Modewort damals schon gegeben hat. Lediglich ein Drittel der Autofahrer folgte dem neuen Gesetz, „Gurtmuffel“ durfte man offenbar völlig ungeniert sein. Ängste wurden geschürt, dass Gurte die Hemden zerknittern würden oder der Busen plattgedrückt werden könnte. Freiheitsliebende beklagten die „Fesseln im Auto“.

Endlich macht es „Klick“

Doch die Technik und die Unfallstatistik führten schnell zu einem Sinneswandel, zehn Jahre später kamen auch die Gurte für die Rücksitze. Zeitgleich wurden Bußgelder eingeführt, das große Umdenken begann. Es hatte „klick“ gemacht. Heute werden läppische 30 Euro für den fällig, der sich nicht anschnallt. Angesichts der lauten Warntöne dürfte das aber seltener vorkommen. Wer Kinder nicht richtig sichert, muss mehr berappen.

Was James Dean damit zu tun hat

Schon in den 1930er Jahren hatte amerikanische Ärzte sich in ihre Autos Gurte einbauen lassen, auch bei Rennfahrern waren sie üblich. Das erste entsprechende Gesetz in den USA stammt von 1955. Als wenige Monate später der Kinorebell James Dean in einem offenen Porsche ums Leben kam, diskutierte das ganze Land darüber, ob er mit Gurt überlebt hätte. Das half der Sicherheitskampagne entscheidend, US-Hersteller begannen ihre Neuwagen entsprechend umzurüsten.

Die beste Idee kommt aus Schweden

Der Sicherheitsgurt wird zu einer der acht wichtigsten Erfindungen gezählt, die der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben. Konstruiert wurde das bis heute übliche Insassenschutz-System 1958 von einem schwedischen Flugzeugingenieur, der um die hohen Aufprallkräfte wusste. Er tüftelte an einem neuen System, das sowohl die Hüften als auch den Oberkörper am Autositz halten sollte und sich mit nur einer Hand bedienen lassen konnte. Volvo brachte den aus dieser Überlegung heraus entstandenen Dreipunkt-Gurt schnell zur Serienreife, es festigte den sicheren Ruf der Marke.

Lebensretter Nummer Eins

Obwohl auch für die Konkurrenz freigegeben, dauert es lange, bis über Sportwagenhersteller und Limousinen-Fabrikanten die Massenproduktion darauf einstieg. Die Erfinder schätzen, dass in den letzten fünf Jahrzehnten mehr als eine Million Menschenleben durch das so genannte „passive Rückhaltesystem“ gerettet worden sind. Im Zusammenspiel mit den Airbags erhöht sich die Sicherheit noch. Ein Irrglaube allerdings, das würde ohne Gurt funktionieren. Er bleibt der Lebensretter Nummer Eins.

Lebensretter Nummer Eins

Eine Fahrt ins (Eis)Blaue

Notizen vom Cabrio fahren im Winter.

BMW 4 Series Cabriolet – Gabriel – stock.adobe.com

Der erste Cabrio-Moment des Tages, erst recht der eines Jahres, ist immer der schönste. Oder finden Sie etwa, dass es Ende Januar noch ein bisschen früh für diese Art von Fortbewegung ist? Die Hardliner unter den mobilen Naturfreunden würden Ihnen diese Zweifel nicht durchgehen lassen. Merke: es gibt keine falsche Jahreszeit fürs Offenfahren, höchstens falsche Cabriolets.

Eisblumen pflegen

Auch die Mediziner machen einem Mut: Wenn dem Joggen selbst bei minus 20 Grad gesundheitlich nichts entgegensteht, dann muss die Schmerzgrenze hinter der Windschutzscheibe doch weit höher liegen. Es könnte demnach erst kritisch werden, wenn sich bei lockerem Tempo Eisblumen auf dem Glas bilden.

Das offene Versprechen

Der europäische Winter scheint später zu beginnen, dafür gefühlt länger zu dauern. Der traurige Blick auf das geschlossene Verdeck ist immerhin ein Trost: Ein Cabriolet in der Garage ist das ewige Versprechen daran, dass der Ausbruch aus dem Alltag tatsächlich möglich ist. Irgendwann sind Auto und Fahrer nicht mehr drinnen zu halten, egal, was das Thermometer gerade anzeigt. Höchste Zeit, an die frische Luft gesetzt zu werden. Der Zauber unbedachter Momente kann auch eine Fahrt ins (Eis-)Blaue sein..

Dach runter, Kopf frei

Der Cabriomensch ist nichts anderes als ein befreiter Autofahrer. Offen für alles. Seine Philosophie: Dächer beim Cabriolet verschließen nichts, vielmehr eröffnen sie. Dach runter, Endorphin-Ausschüttung hoch. Ein Cabrio dient als Sonnenterrasse des Automobils. Luft und Liebe, die altbekannten Parameter. Sie merken schon: uns hat es eiskalt erwischt. Aber auch das kann den Kopf freimachen.

Die Ganz-Jahres-Fraktion

Mit offenem Verdeck im Winter unterwegs zu sein, das hat mehr mit dem inneren Luftwiderstandswert zu tun als mit der Qualität der Bordheizung. In der Luxusklasse kann sogar ein Föhn im Sitz stecken, der den Nacken wie ein Schal wärmt. Doch schon der bislang selten bis nie beachtete Schalter für die Lenkradheizung wird plötzlich zum besten Freund. Dennoch: der leichte Schnupfen, schon sommers untrügliches Erkennungsmerkmal aller Cabrioleten, will auch im Winter gepflegt sein. Es ist eine Frage der Ehre, zur Ganz-Jahres-oder-gar-nicht-Fraktion gezählt zu werden.

Offenes Verdeck im Winter

Wie kalt ist zu kalt?

Der Wind ist der Soundtrack des Cabriofahrers. Was der Luftzug uns flüstert? Warum nicht die berühmte „Winterreise“, von Franz Schubert vertont, den Rhythmus bestimmen lassen: „Was soll ich länger weilen, Bis man mich trieb’ hinaus?“ Die Reichweite in dieser Jahreszeit wird nicht durch Batterie und Tank bestimmt, sondern allein durch den kalten Atem. Spätestens, wenn der Kopf zur Tiefkühlerbse wird, musst Du doch umdrehen. Einmal noch kräftig durchatmen. Und dann denken: Ach, was sind wir fein raus.

Wenn das Auto plötzlich mitredet

Eine Kolumne zur (Auto-)Elektronikmesse CESs

Neuer VW Golf GTI, Foto: Volkswagen
Neuer VW Golf GTI, Foto: Volkswagen

Autoausstellungen waren gestern, heute sind es Elektronikmessen. Wer wissen will, wie wir uns in Zukunft fortbewegen sollen, der muss zwangsläufig zum Nerd werden. Was es da alles gibt in Las Vegas, auf der Consumer Electronics Show, selbstredend der größten der Welt: einen durchsichtigen Fernseher, eine vollautomatische und personalisierte Hundeklappe fürs Eigenheim, eine Selfie-Drohne für die Hosentasche – und natürlich reichlich Autozubehör, dass das Fahren leichter und sicherer machen soll. Das klassische Automobil schrumpft in Zeiten der Künstlichen Intelligenz offenbar auf das, was zwischen Batterie und Software noch übrig ist.

Chatbot wird Pizzabote

Hilfe, mein Auto spricht mit mir! Warum auch nicht. Dank ChatGPT tut das der Küchenherd inzwischen ja auch. Der Fortschritt ist dabei, dass die KI inzwischen auch in voller Fahrt ganze Sätze bilden kann sowie bereits ganze Unterhaltungen mit dem Chatbot möglich sind. Volkswagen fährt bei der Technik-Show in der Wüste Nevadas schon voll auf den Sprachassistenten ab. Einer muss ja den Durchblick bei der Bedienung der ganzen Systeme im Cockpit haben, die sich aus-, ein- und umschalten lassen. Und mit belauschten Schlagworten wie „Pizza“ wird einem automatisch gleich der nächste Italiener vorgeschlagen.

Sprachassistent im Cockpit
Bild: Lazy_Bear – stock.adobe.com

Luftschlösser in voller Fahrt

In Wolfsburg meinen sie es bei der Reise in die Zukunft inzwischen besonders Ernst. Das Aufsehen auf der CES jedenfalls war groß, nachdem Elektroautos von VW dank einer Boschentwicklung künftig selbst zum Stecker fahren können sollen. Dabei verbindet ein Roboterarm Fahrzeug und Ladesäule. Fehlt nur noch, dass die Software auch den günstigsten Stromanbieter ermittelt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing applaudiert aber auch so dem autonomen made in Germany. Bosch schiebt sogleich Siliziumkarbid-Chips für ein schnelleres Laden der Batterien hinterher und die heimischen Autobauer schaffen mithilfe der Cloud immer neue mobile Luftschlösser. Da denkt der Motorradhersteller Verge schon realistischer, sechs Kameras und Radar vorn wie hinten sollen das Zweiradvergnügen sicherer machen und vor Gefahren warnen.

Mit Roboterarm zur Ladesäule
Bild: Artstation – stock.adobe.com

„Hyperpersonalisiert“ als Zauberwort

Kaum eine andere Branche hat sich in Zeiten der Transformation so stark und schnell gewandelt wie die Automobilbranche. Mercedes und BMW liefern sich das altbekannte Süd-Duell auf neuem Terrain, und es geht nicht mehr nur um Bildschirmgrößen. Alles, was irgendwie vernetzt werden kann, wird vernetzt. Was wirklich Sinn macht, wird übrigbleiben. Das kennt jeder aus den Pionierzeiten des Internets. Denn wer nicht herausfindet, was einem wirklich nützt, verplempert bloß seine Zeit. Gut, wenn die Technik smart ist, smarter, wenn es auch der Mensch bleibt. Vom „hyperpersonalisierten Kundenerlebnis“ spricht Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer, der Stern und Google machen längst gemeinsame Sache bei der digitalen Vollversorgung im Auto. Industrialisierte Besserwisser.

Übermorgen fliegen wir

Volkswagen spricht bescheidener vom Infotainment, bei BMW heißt es Ultimate Digital Experience – aber alle meinen das Gleiche: die Autos werden ein App-Store auf Rädern, insbesondere in der Oberklasse. Hyundai ruft gleich das selbst lernende Auto aus, was hierzulande automatisch die Datenschützer auf den Plan rufen wird. Sind wir am Ende alle mit einer zum Fahrzeug gehörenden AR-Brille unterwegs? Nicht alle Zukunftsaussichten sind eben angstfrei. Die Optik der neuen Null-Serie von Honda oder der PV von KIA ist ebenso gewöhnungsbedürftig wie Teslas Cybertruck. Aber warten wir ab, bis die in Las Vegas gezeigten Flugautos von Hyundai und Xpeng wirklich abheben. Bis dahin bleibt uns das analoge Vergnügen, im Stau zu stehen. Es sei denn, die künstliche Schwarmintelligenz findet einen besseren Weg.

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Das Zukunftsszenario Flugautos
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